Jüngere Dorfgeschichte
von Lantershofen
Historisch 2011: Teatime mit der Queen
Am Hochzeitstag von William und Kate - Cheryl Jungmann lebt seit mehr als 20 Jahren im Ahrtal, doch ihr Herz schlägt britisch
Lantershofen, 4. Mai 2011. „Mein Herz schlägt britisch." Das sagt Cheryl Jungmann. Die 53-Jährige lebt zwar seit 24 Jahren in Deutschland, der Liebe wegen, doch ihren britischen Pass möchte sie nie hergeben. Seit 22 Jahren im Ahrtal, wohnt sie mit Ehemann Klaus (54) und den Kindern Mark (22) und Annika (16) in einem schmucken Haus in Lantershofen. Von englischem Rasen ist aber hinter dem Haus keine Spur, dafür hat Cheryl die Gänseblümchen zu gern. Sie liebt den Blick in den heimischen Garten. Doch am heutigen Freitag fällt ihr Blick nur auf den Fernseher. Denn dann ist Hochzeit bei den britischen Royals. Prinz William und Kate Middleton geben sich in London das Ja- Wort. „Es wird wahrscheinlich so sein, wie bei der Beerdigung von Prinzessin Diana. Erst wollte ich nur kurz in den Fernseher reinschauen, dann lief er den ganzen Tag", prophezeit sie ihr Verhalten am königlichen Hochzeitstag und präsentiert ihr Schmuckstück. Es ist eine Teetasse von der Krönung der englischen Königin Elisabeth II. Die hat ihr ihre Mutter, Nola Hawker, geschenkt. Cheryl ist sich sicher, dass Tasse und Unterteller irgendwann Familienerbstücke werden.
Nur ein bisschen ist sie auf die Fernseh-Hochzeit des Jahres gespannt. „Das Interesse am Königshaus lässt mit den Jahren nach." Live hat sie hingegen die Hochzeit von Prinz Andrew mit Sarah Ferguson erlebt. „Ich habe auf der anderen Seite des Parks gearbeitet und die Royals auf dem Balkon des Buckingham Palastes gesehen." Den Rummel, den die Deutschen jetzt um die Hochzeit von Prinz William machen, nimmt Cheryl gelassen. „Das ist für die Menschen so eine Art Ersatzkönigshaus. Da ist alles spannend, so wie der Trubel um die Karnevalsprinzen." Und: „Bei Diana war für mich alles anders. Mit ihr konnte ich mich identifizieren. Doch als Prinz William geboren wurde, hatte ich das Land längst verlassen."
Dennoch gibt es auch heute noch viel Britisches bei den Jungmanns in Lantershofen. So unterrichtet Cheryl dort Kinder in englischer Sprache und Landeskunde, bastelt mit ihnen auch schon mal den Union Jack. Unvermeidlich ist der Teppichboden im Wohnzimmer. „Die Briten haben den sogar in der Küche und im Bad, igitt." Britisch war aber auch die Erziehung ihrer Kinder. „Da geht es einfach darum, sich ruhiger zu verhalten als andere", erklärt die gelernte Fremdsprachenkorrespondentin. Und Plumpudding ist für sie an Weihnachten ein Muss. „Egal woher ich den besorge, der muss auf den Tisch." Auch die Kinder scheinen ein paar britische Geschmacksnerven abbekommen zu haben. Denn herzhafte Brotaufstriche wie Marmite oder Branton pickle dürfen beim Frühstück nicht fehlen. Und zu Lamm kommt eben Minz-Soße, egal was der geneigte Kontinental-Europäer darüber denken mag. Mark und Annika jucken die Royals übrigens herzlich wenig. Sie sind bilingual und binational aufgewachsen, sehen das Spektakel um das Königshaus eher mit Abstand. Da wurmt es den Sohn schon eher, wenn England bei der Fußball-WM von der Löw-Equipe 5:1 weggeputzt wird. „Doch auch da hält er letztendlich zu der Mannschaft, die am besten spielt."
Wie geht's bei den Roy als weiter? Darüber ist sich Cheryl Jungmann mit ihren Eltern und der BBC einig. „Die Queen wird nicht abdanken." Und: „Ich habe zwar nie gedacht, dass Prinz Charles Camilla heiraten dürfte. Aber ich bin dafür, dass er König wird. Er hat zwar einige Schwächen, doch die haben alle Menschen. Prinz William ist zu jung."
Auch wenn Hunderttausende am heutigen Freitag (29.4.2011) dem frischvermählten Paar zujubeln werden, sieht die Britin aus Lantershofen ihre Landsleute heute eher multikulturell aufgestellt. „Migration gab es bei uns schon durch das Commonwealth, als in Deutschland noch keiner daran dachte. Und deshalb ist die englische Küche heute mehr als gekochtes Fleisch mit Minz-Soße, sie ist international wie wir Briten." Und das sei das britische Königshaus schließlich auch. Und dies obwohl sich nicht gerade viele Briten daran erinnern mögen, dass die Royals auch deutsche Wurzeln haben und Prinzgemahl Philipp Mountbatten eigentlich von Battenberg heißen müsste.