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Aktuelles

von Kulturlant

Politisches Kabarett in Lantershofen

Von Thomas Weber |

Bei Christine Prayon gab es nichts zu lachen

Man konnte die berühmte Nadel fallen hören, als sich am vergangenen Samstag im ausverkauften Lantershofener Winzerverein 250 Gäste bei Kabarettistin Christine Prayon trafen, um ihrer „Abschiedstour“ beizuwohnen. Tags zuvor war Prayon noch in der Rolle der Birte Schneider in der Heute-Show zu sehen, von Köln aus ging es dann direkt nach Lantershofen. Und hier wurde politisches Kabarett mit „besonderer Schwere“ geboten. Wer sich dank des ersten Aufschlags der Kabarettistin mit Clownnase und Mainzelmännchen-Begrüßung auf einen unterhaltsamen Abend mit leichter Muse gefreut hatte, wurde schnell eines Besseren belehrt. Prayon stellte blitzschnell unter Beweis, dass sie für den ganz trockenen Humor und messerscharfe Satire steht und nicht umsonst mit dem Dieter-Hildebrandt-Preis ausgezeichnet wurde. Gleichwohl kunstvoll wie sensibel ging sie mit Sprache und Kompromisslosigkeit in der Diskussion brisanter politischer Themen um. Es war eine intellektuelle Herausforderung für die Zuhörer.

Prayon spannte einen weiten Bogen, vom völlig unnützen Projekt „Stuttgart 21“ über Nazis in Deutschland und medial heruntergespielte Klimaprobleme, die in großen Klimagipfeln banalen Themen weichen müssen. Immense Gelder zur Bankenrettung sind halt wichtiger als Flüchtlingsrettungen. Prayon hatte natürlich die AfD im kritischen Blick, samt Schreckensbild einer Alice Weidel als Bundeskanzlerin. Scharf waren ihre Attacken zu der tagtäglichen „Radio-Diarrhö“, der die Hörer ausgesetzt sind. Und mit Fake-News, die dem einfallslosen Medienkonsumenten leicht unterzujubeln sind, sparte sie auch nicht. Es ist doch so, dass der Ami dem Deutschen seine Kulturellen Errungenschaften stibitzte. Beispiel: „Jingle Bells.“ Das ist doch kein amerikanisches Weihnachtslied, es steckt doch das teutonische „Schinkenpelz“ dahinter. Pointen mit Lachgarantie blieben gänzlich aus, Beifall verstummte schnell, als klar wurde, dass der unpassend war. Vielmehr schaffte es die Wahl-Stuttgarterin, ihr Publikum geistig ständig auf Trab zu halten.

Die Reaktionen blieben nicht aus. „Die ist total frech“, war da zu hören, oder „Eine Wohltat.“ Eine Handvoll Besucher ging aber auch zur Pause genervt nach Hause. Der am Ende jedoch langanhaltende Applaus zeigte, dass Kabarett auch mal schmerzhaft sein muss.