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Studienhaus St. Lambert - Priester für ganz Deutschland

Dr. Stephan Ackermann / 2002

Zum 30-jährigen Bestehen des Seminars »Studienhaus St. Lambert« in Lantershofen

Am 2. Mai 2002 wird das St. Lambert 30 Jahre alt. Im Jahr 1972 wurde es vom Trierer Bischof Dr. Bernhard Stein eröffnet und bietet seitdem Priesterkandidaten katholischer Diözesen und Ordensgemeinschaften, die mindestens 25 Jahre alt sind und über eine abgeschlossene Berufsausbildung verfügen, die Möglichkeit, auch ohne Abitur, das kirchliche philosophisch-theologische Studium für das Priestertum zu absolvieren. Verschiedene Male ist in den vergangenen Jahren schon im Heimat-Jahrbuch über die Geschichte und Entwicklung dieser für die Kirche in Deutschland einmaligen Art der Priesterausbildung berichtet worden. Zum letzten Mal geschah das im Jahr 1992 anlässlich des 20-jährigen Bestehens. Zehn Jahre danach scheint es an der Zeit, erneut Rechenschaft zu geben über die weitere Entwicklung des Hauses. Was hat sich seitdem getan und was tut sich derzeit auf Burg Lantershofen?


Ein ereignisreiches Jahrzehnt

Einen markanten Einschnitt der vergangenen Jahre stellt der Tod der drei Gründerpfarrer August Burger (+ 28.3.1993), Eugen Groß (+ 19.8.1993) und Paul Solbach (+ 1.9.1994) dar. Nur fünf Tage vor seinem Tod hatte Prälat Solbach dem Bischof von Trier die Träger-Stiftung des Studienhauses vertraglich übereignet. Seitdem obliegt dem Trierer Bischof daher nicht nur die Verantwortung für die in Lantershofen stattfindende Priesterausbildung, sondern auch für den wirtschaftlichen Träger des Hauses, die »August Doerner-Stiftung« .

Im selben Jahr fand eine Visitation des Studienhauses durch den Speyrer Bischof Dr. Anton Schlembach statt, der sich dazu drei Tage in St. Lambert aufhielt. Mit dieser für alle Priesterseminare weltweit angeordneten Visitation wollte die Römische Kongregation für das Katholische Bildungswesen den aktuellen Stand der Priesterausbildung an der Jahrtausendwende erheben. Die Visitation stellte fest, dass sich der »Dritte Weg« der Priesterausbildung in den gut zwei Jahrzehnten seines Bestehens bewährt habe und von den Priesterkandidaten selbst mit hoher Motivation begangen werde. Freilich wurde auch deutlich, dass angesichts der Zahl von über 70 Theologen die Hausleitung personell unterbesetzt war.

Das hat sich in den Folgejahren geändert: Seit 1999 arbeiten drei Priester hauptamtlich in St. Lambert. Sie teilen unter sich die Aufgaben des Regens, des Subregens und des Spirituals. Während Regens und Subregens die Leitung des Hauses im engeren Sinn wahrnehmen, ist der Spiritual vornehmlich für die geistliche Formation der Seminaristen verantwortlich, er ist Berater in persönlichen Fragen und Beichtvater. Über diese Priester, die im Studienhaus wohnen, hinaus hat der Bischof von Trier einen weiteren Priester teilweise freigestellt, dem als Studienleiter die Organisation des Studienbetriebs anvertraut ist. Schließlich wurde ein Ökonom eingestellt, der sich um die wirtschaftlichen und finanziellen Belange der Stiftung zu kümmern hat.

Der Visitationsbericht verschweigt auch nicht, dass für die Gebäude ein dringender Renovierungs- und Erweiterungsbedarf besteht. Das gilt sowohl für die Funktionsräume wie Kapelle, Hörsäle, Speisesaal, Küche etc., als auch für die Zimmer der Studenten. Der Bericht appelliert daher an die deutschen Bischöfe, in gemeinsamer Verantwortung zu investieren, damit St. Lambert den heutigen Anforderungen der Priesterausbildung voll gerecht werden kann. Das führte u. a. dazu, dass die Deutsche Bischofskonferenz auf ihrer Herbstvollversammlung im Jahr 1998 den Beschluss fasste, ein umfassendes Sanierungsvorhaben von St. Lambert finanziell zu unterstützen, falls es nicht kostengünstigere Alternativen - etwa durch die Verlegung des Seminars an einen anderen Standort - gebe.

Nachdem entsprechende Prüfungen zu dem Ergebnis kamen, dass die Sanierung des Baukomplexes in Lantershofen der sinnvollste Weg sei, wurde im Sommer 2000 mit dem Projekt begonnen. Die Arbeiten werden sich voraussichtlich über vier Jahre erstrecken.

Der erste Schritt hatte eine Verbesserung und Erweiterung des studentischen Wohnraums zum Ziel: Vier neue Häuser bieten nun jeweils acht Studenten Platz. Dadurch wird das sehr beengte Raumangebot im bestehenden Komplex erweitert und entzerrt. Der zweite und dritte Bauabschnitt gilt dem Umbau der Funktionsräume. Der letzte Bauabschnitt sieht die Renovierung der bisherigen Studentenzimmer vor.


Innere Veränderungen

Die Sanierungs- und Erweiterungsmaßnahmen bringen nicht nur »äußere« Veränderungen der baulichen Substanz, sondern haben auch Auswirkungen auf das »Innenleben« des Hauses. Das ist beabsichtigt.

Denn Priesterausbildung findet in Lantershofen und anderswo nicht nur im Hörsaal statt, sondern auch und nicht zuletzt im gemeinsamen Leben, Beten und Feiern. Deshalb werden Priesterkandidaten in der katholischen Kirche darauf verpflichtet, nicht nur theologische Studienveranstaltungen zu besuchen, sondern für die Dauer der Studienzeit in der Ausbildungskommunität eines Seminars zu wohnen.

Priestererziehung will ein gesamtheitlicher Bildungsvorgang sein, in dem die Aneignung von philosophisch-theologischem Fachwissen, die geistlich-menschliche Reifung und die pastoral-praktische Befähigung für den künftigen Dienst miteinander verwoben sind. Um das zu erreichen, braucht es Orte verbindlichen Zusammenlebens. Erfahrungsgemäß sind überschaubare Einheiten dazu geeigneter als die Gesamtkommunität.

Durch die Errichtung der neuen Studentenwohnhäuser wird es möglich, solche Wohneinheiten einzurichten, in denen die Seminaristen nicht nur Wand an Wand wohnen, sondern zusammenleben, um sich in der Gruppe auszutauschen, gemeinsam zu beten, bestimmte Dienste für die gesamte Hausgemeinschaft zu übernehmen, gemeinsam Freizeit zu gestalten u. a. m. Das ist deshalb so wichtig, weil der Priester gerade heute herausgefordert ist, den Glauben nicht nur durch die amtliche Verkündigung auf der »Kanzel«, sondern auch in kleineren Gruppen ins Gespräch zu bringen.

Und: Angesichts der zahlreichen haupt- und ehrenamtlichen Mitarbeiter sowie der größer werdenden Seelsorgeeinheiten hängt ein gelingender priesterlicher Dienst wesentlich an der Fähigkeit zu Kooperation, Integration und Teamarbeit. Diesem Anliegen will die Einrichtung von Wohngruppen dienen.


Menschenfischer im elektronischen Netz

Für ein Menschenalter sind 30 Jahre viel. Im Blick auf eine fast 2000-jährige Kirchengeschichte sind drei Jahrzehnte wenig. Deshalb muss dieser besondere Weg der Priesterausbildung in der Kirche Deutschlands immer noch und immer wieder bekannt gemacht werden.

Nicht selten gestehen Kandidaten im Bewerbungsgespräch, dass sie zwar schon längere Zeit den Wunsch verspürten, Priester zu werden, diesen Wunsch aber immer wieder zurückgedrängt hätten, weil sie ohne Abitur keine Möglichkeit sahen, ihn zu verwirklichen. Vom Studium in Lantershofen wussten sie nichts.

Es gilt also, Berufungen zu wecken und ihnen Orientierung zu geben. Das ist nicht nur angesichts des zunehmenden Priestermangels geboten, sondern entspricht der Praxis Jesu selbst: Er hat nicht auf Mitstreiter für seinen Auftrag gewartet, sondern sie aktiv aufgespürt. Er, der große »Menschenfischer«, hat seine »Netze« ausgeworfen bei den Fischern am See.

Seit knapp zwei Jahren wirft St. Lambert seine »Leinen« nach Berufungen aus in dem elektronischen Netz, das unsere Welt heute überzieht: Unter der Adresse »www.st-lambert.de« kann man sich über den Bildungsweg zum Priestertum in Lantershofen informieren. Aber es reicht auch schon, in den sog. Suchmaschinen Begriffe wie »Priester«, »Lantershofen« oder »Spätberufen« einzugeben, um auf das Seminar St. Lambert zu stoßen.

Als der Apostolische Nuntius in Deutschland, Erzbischof Dr. Giovanni Lajolo, im Mai 2000 symbolisch die neu erstellte Homepage des Studienhauses freigab, bekannte er, als Mitarbeiter der Vatikanischen Kurie seinerzeit die Einrichtung der Homepage des Vatikans gefördert zu haben mit dem Argument: »Auf der Straße des ›Internet‹ können die Missetäter gehen, aber auch die Apostel Jesu Christi.«

Für das Anliegen der Priesterberufungen besteht der große Vorteil dieses Mediums darin, dass sich mit ihm anonym, unverbindlich und aktuell Informationen einholen lassen zu einer Frage, für die jemand – aus welchen Gründen auch immer – keinen geeigneten Gesprächspartner hat. Denn die Schwelle, sich mit dem Wunsch, Priester werden zu wollen, zu »outen«, ist mitunter sehr hoch.

Die Homepage des Seminars »Studienhaus St. Lambert« will das Medium Internet im Sinne der Berufungsklärung nutzen. Und es fehlt nicht an Rückmeldungen. Sie zeigen, dass die Entdeckung von www.st-lambert.de im World Wide Web einem Leben eine neue Ausrichtung geben kann.


Ein wenig Statistik zum Schluss

Seit 1972 zählt das Studienhaus 578 Absolventen aus insgesamt 31 Diözesen und 32 Ordensgemeinschaften. Von denjenigen, die die Ausbildung beendet haben wurden 332 zum Priester geweiht. Das entspricht einem Prozentsatz von nahezu 70 %. Er liegt eindeutig höher als in den Diözesanseminarien. Das Durchschnittsalter der 70 Seminaristen zu Beginn des Studienjahres 2000/2001 betrug 32,3 Jahre. Sie wurden von 28 Dozenten, die als Honorarkräfte ins Studienhaus kommen, unterrichtet.

Bemerkenswert ist, dass nicht nur die Diözesen der Bundesrepublik Deutschland Priester in Lantershofen ausbilden lassen, sondern auch die Diözesen Luxemburg und Lüttich. Auch die skandinavischen Bistümer Oslo, Reykjavik und Stockholm waren bereits mit Kandidaten im Haus vertreten.

Regens Dr. H. Kuhn hat in seinem Beitrag für das Heimat-Jahrbuch 1992 die Hoffnung formuliert, »dass eines Tages auch Bewerber aus den Bistümern der neuen Bundesländer nach Lantershofen finden«. Diese Hoffnung hat sich inzwischen bewahrheitet: Zwei Absolventen aus dem Bistum Erfurt sowie zwei aus Mecklenburg stammende Kandidaten, die für das 1995 neuerrichtete Erzbistum Hamburg studieren, haben den Weg der Priesterausbildung in Lantershofen eingeschlagen.