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Hochdeutsch met Knubbele

Von Thomas Weber |

Bei der „Lantesche Kappensitzung“ wurde den Gästen derDialekt erklärt

Keine Karnevalsgesellschaft, keine Tollitäten, keine Garden und keine Funken. Na und! Lantershofen kann trotzdem Karneval feiern – und wie. Samstagabend ging es los, und zwar wie alljährlich mit der Kappensitzung. Verantwortlich dafür zeichneten die, die Spaß am Karneval haben. Das war nunmehr zum zweiten Mal die Konstellation aus Junggesellen-Schützen und Musikfreunden. Die Kappensitzung war nicht ihre einzige Aktivität, sie werden sich zum Ende der tollen Tage hin erneut närrisch präsentieren: mit einer großen Party am Karnevalssonntag und sogar einem Umzug am letzten Tag der Session, dem Veilchendienstag.

Jetzt hieß es aber erst einmal „Ab in den Saal des Winzervereins“, wo Sitzungspräsident Markus Jüris und sein Elferrat ein kurzweiliges Programm auf die nagelneue Bühne zauberten. Dort wechselten sich Lantershofener Narren mit zahlreichen Jecken aus der näheren und etwas weiteren Umgebung ab. Musikalisch begleitet wurden sie alle von den Gastgebern persönlich, die Musikfreunde sorgten wie gewohnt für den guten Ton im Saal. Den ersten Orden des Abends heimste das Tambourcorps ein. Das ist Tradition in dem Grafschafter Ort. Tambourmajor Lars Henscheid geleitete mit seinem Starensemble, in dem Doubles von Heino, den Beatles oder den Wildecker Herzbuben zu finden waren, die Sitzungsleitung würdig und mit zackiger „Fastelowendsmusik“ zu ihren Plätzen. Am Elferratstisch angekommen, befand Präsident Jüris gleich einmal, das diesjährige Motto des Lantershofener Karnevals sei doch ein wenig sperrig: „Vier Sterne WM macht Lantesche jeck, und der VfB kommt mit nem Sportlerheim ums Eck.“ Soll heißen: die Fußballer nutzen die Weltmeister-Euphorie, um sich gleich einmal eine neue Bleibe zu errichten. Weltmeisterliches in Lantershofen gebe es ja, so Jüris, aber das seien eher die Produkte der örtlichen Brennereien oder die Studierenden aus aller Welt auf Burg Lantershofen. 

Sportlich wurde es aber auch auf der Bühne im Saal, dafür sorgten gleich mehrere Tanzdarbietungen. Aus Kripp waren ungefähr zwei Dutzend Mädels der Garde angereist, um zu aktueller Kölner Karnevalsmusik von Brings oder Querbeat vorzuführen, was sie das Jahr über einstudiert hatten. Musikalisch wurde es mit einer gut gelungenen Kopie der Mädchenband „Colör“, allerdings waren die aus Sinzig, nicht als Köln. „Wir sind die wahren Höhner“ skandierten Melanie Salscheider, Nadine Schmickler und Andrea Klapperich. „One Vision“ aus dem nahen Heimersheim brachten derweil tänzerisch Walt Disney’s Dschungelbuch auf die Bühne, die kurz danach so richtig auf ihre Standfestigkeit getestet wurde. Da nämlich zog die fast komplette Karnevalsgesellschaft der Neuenahrer Schinnebröder ein. Sie hatten allen Grund, sich in Lantershofen sehen zu lassen, wohnt doch deren Prinzenpaar Thorsten I. und Jessica I. in dem Grafschafter Ort. Gleiches gilt auch für Senatspräsident Rainer Böhm. Da ließ man sich nicht lumpen, Funken, Tanzende Reihe, das Tanzpaar Sven Stadtfeld und Angelina Weber oder aber der eigene Spielmannszug sorgten für einen fulminanten Auftritt.

Den hatten aber auch die Bachemer Merle, die Showtanzgruppe zog bei ihrem zehnjährigen Bestehen alle Register. Bei den Hebefiguren ging es bis unter die Saaldecke, die Tänzerinnen flogen reihenweise durch die Lüfte, das Publikum hielt den Atem an. Es war beinahe wie im Zirkus, untermalt mit einer tollen Kombination aus Schlager und Karnevalsmusik, von Matthias Reim über Helene Fischer bis hin zu Brings. Beifallsstürme waren der Dank. Mittendrin wirbelte mit Carina Moitz übrigens ein „Lantesche Mädche“ über die Bühne.

Da sollte man eigentlich meinen, Büttenredner hätten es nach solchen Auftritten schwer. Nicht so in Lantershofen, wo das Publikum diszipliniert zu feiern versteht. Schwer verständlich war „Ne Jung os em Dörp“ alias Manfred Sebastian höchstens für die, die des Lantershofener Dialektes nicht mächtig sind. Dafür erklärte Sebastian sein „Hochdeutsch met Knubbele“ allerdings gerne: „Knorrefeld heißt Rübenacker un nen Dreesch ist ein brach liegender Acker.“ Dabei nutzte er die Gelegenheit, um so richtig über die örtliche Prominenz herzuziehen. Das war Karneval in seiner Urform.

"Hisst die Segel, ihr Landratten!" Dazu forderten die Tänzerinnen von „Blue Velvet“ aus Bad Bodendorf auf. Sie gehören schon fast zum Inventar der Lantershofener Sitzung und zwangen sogar den Elferrat auf die Stühle. Der hätte sonst nichts mehr sehen könnten von den gekonnten Tanzdarbietungen, die das Publikum nach Madagaskar und auf den Reeperbahn mitnahmen.

Schließlich wurde einmal mehr deutlich, dass auch angehende Priester Karneval zu feiern verstehen. Aber dafür ist die Kirche ja bekannt. Die Belegschaft des Priesterseminars vom Studienhaus St. Lambert macht jedes Jahr deutlich, dass dieses Haus mitten im Rheinland liegt. Nun hatten sie mit Prinz Dominik (Schmitt) nicht nur ihre eigene Tollität dabei, sondern auch noch den „Bischof von der Burg“ in Person von Marcel Müller. Der kölsche Jung hat die Präsidentschaft des „Burgkarnevals“ an sich gerissen und las den Lantershofern die Leviten. Das bekamen vor allem Dingen die verkleideten Teufel im Saal zu spüren. Und als dann der gesamte Studenten-Elferrat Helene Fischers „Atemlos“ – allerdings in der Veräpplungs-Version von Carolin Kebekus – anstimmte, gab es im Winzersaal kein Halten mehr. Ein furioses Finale!