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Herrliche Dialoge von Gerda und Walter

Von Thomas Weber |

Rheinhessisches Theater bei Kulturlant in Lantershofen begeisterte

„Sie werden heute Abend sehen, wie es bei einem typischen rheinland-pfälzischen Ehepaar zugeht. Haben Sie eigentlich von zuhause nicht genug davon?“ Worte, mit denen der Musiker Frank Golischewski am Sonntagabend das Publikum im ausverkauften Saal des Lantershofener Winzervereins begrüßte. Dort stand Theater auf dem Spielplan, eingeladen hatte der Verein Kulturlant. Golischweskis Rolle war die des Radios in der Wohnung von Gerda und Walter, eben jenem typischen Ehepaar, das sich in jeder erdenklichen Situation „kabbelte“, jede Mücke zum Elefanten werden ließ, wobei herrliche Dialoge entstanden. Durch den rheinland-pfälzischen Sender SWR4 bekannt geworden, treten Gerda und Walter rund ein Dutzend Mal pro Jahr auf Bühnen im Land auf. Hinter „Walter“ steckte der Mainzer Karnevalist Norbert Roth, aus dessen Feder die Sketche des Duos stammen, „Gerda“ wurde verkörpert von der Schauspielerin und Kabarettistin Alice Hoffmann, die einem breiten Publikum durch die Rolle der „Hilde“ in der TV-Serie „Familie Heinz Becker“ bekannt wurde.

Die Bühne im Lantershofener Winzerverein war am Sonntag zur kleinen Wohnung umfunktioniert. Esstisch mit Stühlen, Fernsehecke mit Sessel, Bügelbrett und altes Radio, es fehlte an nichts, als Gerda und Walter zur ersten Szene am Frühstückstisch Platz nahmen und das Gejammere über viel zu trockene Brötchen und allzu heißen Kaffee seinen Lauf nahm. Dass sich der Prokurist in Rente und die gelernte Schuhverkäuferin nach 40 Ehejahren nichts mehr zu sagen hätten, war beileibe nicht der Fall. Dass sie allerdings immer noch aneinander vorbeiredeten, sorgte bei den gut 200 Gästen im Lantershofener Saal für andauernde Lachsalven. Auf der einen Seite Gerda, die neunmalklug immer wieder Fremdwörter durcheinander wirbelte, auf der anderen Seite der gelehrige Walter, dessen stete Korrekturversuche meistens ins Leere führten. Und wenn er dann einmal romantisch wurde und seiner Gerda eine Rose schenkte, vermutete die dahinter gleich ein schlechtes Gewissen beim Ehemann. 

Aber Gerda verstand es auch hervorragend, den Spieß gegen den scheinbar intellektuell überlegenen Ehemann zu drehen. Beispielsweise, als dieser in viel zu enger Hose aus dem Haus gehen wollte und auf Ansprache hin feststellte: „Die Hose spannt nicht, sie sitzt. Wenn ich stehe. Es ist halt eine Stehhose.“ So richtig wurde das nichts mit dem rausreden, da nutzte auch die Aussage, das Alter einer Hose spiele im Gegensatz zum Alter eine Frau keine Rolle, wenig. Wenn Walter sich nicht mehr zu helfen wusste, beendete er den Dialog eben mit einem „Basta.“ Und das hätte bei so manch einem der Dialoge machen können, tat es aber nicht. Also wurde herrlich weiter gestritten. Über den Unterschied zwischen einer Beutelsuppe und einem Klavierkonzert beispielsweise. Oder aber über die Bedeutung des englischen Begriffs „Lucky Loser“, den Walter so lange zerredete, bis er darin einen russischen Dialekt als Übersetzung für Terpentin gefunden hatte. In einem aber waren sich Gerda und Walter bei all ihren Streitigkeiten einig: ewig geht das nicht so weiter, in 50 Jahren ist alles vorbei. Mit dieser Weisheit wollten sie sich nach zwei Stunden vom Lantershofener Publikum verabschieden, dass sie aber nicht ohne Zugaben von der Bühne gehen ließ. 

Beide Schauspieler waren im Übrigen bemüht, den Rheinländern aus dem Ahrkreis nicht allzu viele Vokabeln aus dem Rheinhessischen oder dem Saarland „zuzumuten.“ So betätigte sich Walter gerne als Übersetzer, schob beispielsweise der „Gonsemer Kerb“ die Übersetzung „Gonsenheimer Kirchweih“ nach. Strikt an den Text wurde sich also nicht gehalten.