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Mit stressfreien Tönen ins neue Jahr

Von Thomas Weber |

Für Jazzfreunde ist das Event „Jazz ohne Stress“ zum Jahresauftakt ein Pflichttermin

„Das gehört einfach zum Beginn eines Jahres dazu“, so die Aussage einer Besucherin von „Jazz ohne Stress“ am Samstagabend im Saal des Lantershofener Winzervereins. Dort fand die Veranstaltung, die vom örtlichen Saxophonisten Jonas Röser, der mittlerweile in Essen lebt und arbeitet, vor elf Jahren ins Leben gerufen wurde, zum 12. Mal statt. Erstmals stand mit Kulturlant e.V. ein Verein hinter dem Jazzevent, dass von zuletzt zwei auf ein Konzert reduziert wurde. Die Folge: für Kulturlant blieb es keineswegs stressfrei, der Andrang auf die Karten war so groß, dass die frühere Club-Atmosphäre einer Reihenbestuhlung weichen mußte. Rund 200 Besucher waren es schließlich, die die besondere Atmosphäre des Abends genießen wollten.

Wie in den vergangenen Jahren üblich, war zunächst das Trio „Tricycle“ zu hören. Dahinter steckten die Berufsmusiker Jonas Röser (Altsaxophon), Caspar van Meel (Kontrabass und E-Bass) und Dominic Brosowski (Schlagzeug). Eine ungewöhnliche Instrumentalisierung, zumal hierbei ganz auf ein harmoniebegleitendes Instrument wie das Klavier verzichtet wird. „Mit Free-Jazz hat das, was wir spielen, übrigens nichts zu tun“, machte Jonas Röser deutlich. Vielmehr orientiere sich das Trio am Komponisten Thelonious Sphere Monk (1917-1982), der die Musikrichtung der drei entscheidend prägte. Die präsentierten Titel seien allesamt äußerst konzipiert und durcharrangiert, betonte Röser. Grundlage der Bearbeitungen, die überwiegend von Tricycle selbst vorgenommen wurden, sind Stücke für Orchester, die auf die Instrumente des Trios runtergebrochen werden. Bei „At night“, „Dionysus Dance“ oder „What if?“ waren die Soli klar definiert, ein führendes Instrument jedoch nicht zu erkennen.

Gäste aus Polen begrüßten Tricycle im zweiten Konzertteil. Eigens für dieses Konzert aus dem Nachbarland angereist war Marta Król. Sie gehört zu den führenden jungen Jazzsängerinnen einer üppig bestückten polnischen Jazzszene. Ihr erstes Album erhielt zahlreiche hohe Auszeichnungen. In Lantershofen präsentierte Król überwiegend Stücke aus ihrem aktuellen zweiten Album „Thank God I’m a Woman“, zumeist in englischer Sprache. An ihrer Seite musikzierte Pianist Łukasz Flakus, der Marta Król schon seit vielen Jahren begleitet und unterstützt. Für deren neues Album hatte Flakus nun auch erstmals einen Titel komponiert, der in polnischer Sprache zu hören war: „Uśmiech“, was so viel bedeutet wie „Lächeln.“ Sie habe sich sogleich in das Stück verliebt, gab die sympathische Sängerin zu. Aber auch sonst präsentierte sich Marta Król als vielfältig. In ihrem Repertoire wechselten sich sanfte Liebeslieder, die nicht unbedingt mit einem Happy End enden mußten, mit markanten Songs ab. Der „Song of Longing“ handelte von Hoffnung und Liebe und einem „lucky day“, der CD-Titelsong „Thank God I’m a Woman“ behandelte die Vorzüge der Frau. Den Rock-Song „Light My Fire“, den „The Doors“ 1967 veröffentlichten, präsentierte sie in einer von Robby Krieger geschriebenen Jazz-Version. „From this Moment on“ aus der Feder von Cole Porter war schon von Berühmtheiten wie Frank Sinatra oder Shania Twain gecovert worden. Als eine der beiden Zugaben war „Summer Soft“ von Stevie Wonder zu hören. Mit dem Gospel „Don’t Let Go“ verabschiedeten sich die fünf Musiker nach rund zweieinhalb Stunden unter lang anhaltendem Applaus von der Bühne in Lantershofen.

Musikalisch wird Kulturlant nach Karneval wieder aktiv. Während es am 20. Februar ein Rookie-Festival für vier junge Bands geben wird, kommt Deutschlands Top-Bassist Helmut Hattler mit seinem Bandprojekt „Hattler“ am 25. Februar nach Lantershofen.