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Torsten Sträter produzierte Lachkrämpfe im Publikum

Von Thomas Weber |

Löslicher Zitronentee für 98 Reichspfennig 

Zum Abschluss der Kultursaison 2015/2016 präsentierte der Grafschafter Verein Kulturlant am vergangenen Mittwoch im seit Monaten ausverkauften Lantershofener Winzerverein einen absoluten Senkrechtstarter der Comedyszene. Torsten Sträter, 49-jähriger gelernter Schneider und Quereinsteiger der Szene schaffte es binnen weniger Jahre auf mittlerweile 300 Auftritte im Jahr, viele davon für Fernsehanstalten. Auch der Lantershofener Termin mußte wegen einer TV-Anfrage um einen Tag vorverlegt werden. Was Sträter, der als genialer Poertry-Slammer entdeckt wurde, auszeichnet, ist neben seiner Gabe, ein florierendes Kopfkino zu erzeugen, die sonore Märchenonkel-Stimme, mit der er seine Erzählungen rüberbringt. Da reichen oft wenige Worte, wie der Job-Empfehlung seines Freundes: „Wenn du etwas ändern willst, werde Schneider.“ Es bedarf schon des kurzen Nachdenkens. Anderes Beispiel: „Auch Arme haben Beine.“

Eigentlich hatte das Publikum in Lantershofen ja eine Aneinanderreihung von vorgelesenen Geschichten erwartet, das beschränkte sich aber im Laufe der fast drei Stunden Show auf vier oder fünf vorgetragene Werke. Sträter hatte irgendwie immer was anderes zu erzählen, dabei kam er vom berühmten Hölzchen aufs Stöckchen, schweifte immer wieder ganz weit vom eigentlichen Thema ab und bekam dann auf seltsame Weise wieder die Kurve. „Das ganze Programm hat einen roten Faden, aber der erschließt sich Ihnen erst nächsten Mittwoch“, ließ Sträter dazu wissen. Eines machte er aber gleich klar: „Charme kann man nicht lernen.“

Der Slammer war sich auch nicht zu schade, von weniger tollen Ereignissen in seinem Leben zu erzählen. Fast eine ganze Stunde nahm die Berichterstattung seines Auftrittes in der Schweiz ein, wo das Publikum weder lachte, noch klatschte. Schon die Anreise per Flieger war ihm ein Greuel: „Vor drei Dingen habe ich Angst: Fliegen, Haie und Blut abnehmen. Irgendwann stürze ich mal mit dem Flieger ins Meer, dann kommt ein Hai und nimmt mir Blut ab.“ Das Nachbarland Schweiz hatte es dem Komiker so gar nicht angetan: „Für den Übernachtungspreis bekommst Du in Castrop-Rauxel Eigentum, das bis zum Horizont reicht.“ Egal, Sträter hat ja ein ganz anderes Lebensmotto nämlich: „Schokolade ist sechs Monate haltbar – warum?“ Dazu passten seine vorgetragenen Diättagebücher wie die Faust aufs Auge. Gebracht hat es scheinbar wenig, außer tollen Geschichten, die er mittlerweile in drei Büchern veröffentlicht hat. Und die schafften es bereits auf die Bestsellerliste.

Da der Ruhrgebieter so gerne aus seinem Leben erzählte, erklärte er einem 15-jährigen Gast die Welt vor dem Handy und dem Internet so: „Du trinkst gleich ein Alkopop, aber wir hatten damals nur zwei Getränke: TriTop für die Reichen, bei denen man klingelte und sie zum Spielen abholen wollte und dann erfuhr: der Michael ist gerade im Südflügel und übt Cello. Für die Armen gab es löslichen Zitronentee, die Bruttoregistertonne für 98 Reichspfennig. Das war wie Katzenstreu mit Zitronengeschmack.“ Ob der Junge es begriffen hat, konnten nicht geklärt werden, viele Gäste im Publikum aber bogen sich den ganzen Abend vor Lachen. Das begann schon nach wenigen Sekunden und einem Lichtwechsel der Bühnenbeleuchtung: „Habt ihr jetzt das Licht gewechselt oder hab ich einen Schlaganfall?“

Kulturlant macht nun gut vier Monate Sommerpause, ehe es im September mit dem Gastspiel von Markus Maria Profitlich weitergeht. Dessen Auftritt mit dem neuen Stück „Voll im Stress“ ist bereits ausverkauft.