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Purple Schulz begab sich auf die Zeitreise seines Lebens

Von Thomas Weber |

Kleine Seen voller Tränen

Längst ist die Zeit vorbei, in denen der Kölner Sänger Purple Schulz die großen Hallen und Open-Air-Festivals stürmte. Heute tritt der gerade 60 Jahre alt gewordene Schulz, der nur auf seinen Spitznamen Purple und nicht auf den eigentlichen Vornamen Rüdiger hört, ausschließlich in Sälen mit der Kapazität von ein paar hundert Gästen auf. Und auch auf eine Band verzichtet er ganz, vielmehr lässt er sich nur von einem Musiker begleiten. So kam Schulz am Samstag auch nach Lantershofen, zum zweiten Mal hatte Kulturlant den Musiker eingeladen. An seiner Seite zeigte sich Markus Winstroer an Gitarre und Violine als genialer Partner. Winstroer gehört zur ersten Garde der Gitarristen in Deutschland, er begleitet Stars wie Marius Müller-Westernhagen, Wolf Maahn oder Andrea Berg.

Die beiden Musiker boten den 150 Gästen eine musikalische Zeitreise durch das Leben von Purple Schulz, so beschrieb er es jedenfalls. Niedergeschrieben hatte er diese Zeitreise erst kürzlich in seinem Buch „Sehnsucht bleibt.“ Das bot Ehefrau und Managerin Eri am Merchandisingstand an, Familie Schulz reist gemeinsam zu allen Konzerten, und zwar mit Hund. In seiner aktuellen Deutschland-Tournee „Der Kleine mit dem Unterschied“ betrachtet Schulz das Leben aus den unterschiedlichsten Blickwinkeln. Er drückt es so aus: „Ich führe durch die dreispurigen Sackgassen des Lebens und zeige auf faszinierende Weise alle Facetten des Menschseins.“ Das begann bereits im Auftaktstück, wo er zugab: „Ich hab viel zu wenig Zeit für dich.“ Aktuelle und alte Songs gaben sich im Anschluss die Klinke in die Hand. „Guck mal, nur schöne Leute“ aus dem Jahr 1990 als Schmeichelei ans Publikum, dass, wo es denn konnte, kräftig mit einstimmte. Übertrieben melancholisch, wie man es aus den beschreibenden Worten hätte vermuten können, kam Schulz übrigens nicht daher. Das verbietet ihm wohl schon die Tatsache, dass er Kölner ist und sein Haus vor den Toren der Stadt einen unverbaubaren Blick auf den Dom liefert. „Das ist nicht fair“, war eines der humorvollen Stücke, auch wenn es ums Altern ging. Schulz macht dem Zahn der Zeit Vorwürfe, weil der nicht am ständig wachsenden Männerbauch nage.

Dann wieder Nachdenkliches: im Song „Fragezeichen“ versucht sich der Pianist Schulz in die Person des schwer dementen Vaters zu versetzen, bei „Weitergehen“ denkt er über seinen Auftritt beim Tag der Einheit in Dresden nach, wo er feststellen mußte: „Deutschland ist zerrissen, es gibt derzeit keine Einheit.“ Und schon kommt wieder der Rheinländer  in ihm durch. Das derzeit wichtigste der Kölner Gebote sei „Jeder Jeck ist anders.“ Schulz erklärte singend seinen rheinischen Buddhismus und gab sich kritisch den Religionen gegenüber. „Nur Singen verbindet“, so die Aussage, nach der er sich die Schlagersänger-Verkleidung anlegte und die Probleme im Titel „Wir werden das Schaffen“ schlagermäßig locker zu besingen versuchte.

Ein anspruchsvolles Programm, dass der Kölner da seinem Publikum präsentierte und in dem seine großen Hits nicht fehlen durften. Die bewahrte er sich für den Schluss der mehr als zweistündigen Show auf. Da gab es dann im Block die 80er-Jahre-Gassenhauer „Kleine Seen“, „Sehnsucht“ mit dem zum Markenzeichen gewordenen „Ich will raus“-Schrei, „Du hast mir grade noch gefehlt“ und natürlich „Verliebte Jungs.“ Nach zwei weiteren Zugaben war dann Schluss, das Publikum dankte dem Duo bereits vorab mit stehenden Ovationen.