Der Vizeweltmeister plauderte mit Dirk Unschuld
Vom Wadenbeinbruch erzählt er nicht so gerne
An die vermeintlich guten alten Zeiten beim 1. FC Köln wurde am vergangenen Freitagabend im Lantershofener Winzerverein erinnert. Dort war Wolfgang Weber zu Gast, der in den 1960er Jahren für die Kölner, aber auch für die deutsche Fußball-Nationalmannschaft die Schuhe schnürte und bei zwei Weltmeisterschaften dabei war. Anlass für die Plauderstunde mit FC-Archivar Dirk Unschuld, der rund 60 Kölner Fans beiwohnten, war das neue Buch Unschulds, dass an diesem Abend vorgestellt wurde. In „Geisböcke mit Fernweh“ geht es um die internationalen Spiele des „Effzeh“, die den Club seit den 1950er Jahren um den Globus führten. Zunächst waren es ausschließlich Freundschaftsspiele, später dann kamen die europäischen Wettbewerbe dazu. Unschuld hatte viele, meist noch nie veröffentlichte Fotos zusammengetragen und in seinem Buch verarbeitet, einen Teil davon zeigte er dem interessierten Publikum, erklärte und ließ erklären. Das startete beim ersten internationalen Gegner der Kölner, Austria Wien. „Der Spieler in der Mitte aus dem Bild war dann später auch für kurze Zeit Trainer bei uns“, ergänzte Weber. Zu sehen war aber auch, wie seinerzeit gereist wurde. Neben dem Mannschaftsbus fuhr ein Fanbus, Berührungsängste gab es nicht. Die Spieler lernten nicht nur Hotels und Stadien kennen, sondern auch Land und Leute ihrer Gastgeber. Da wurden schon mal Erinnerungsfotos vorm Tabakwarenladen gemacht, oder aber hoch oben auf der Akropolis. Und man empfing auch Gäste, hatte beispielsweise über Woche die Nationalelf Kameruns zu Gast, bei der sich der begleitende Sportminister anschickte, am Rheinufer auf Entenjagd zu gehen.
In den 1960ern folgten die internationalen Kicks, Freundschafts- und Punktspiele. Real Madrid oder Inter Mailand waren die Gegner. Einer der Vergleiche ist ganz eng mit dem Namen Wolfgang Weber verbunden: Europacup gegen den FC Liverpool. Hinspiel 0:0, Rückspiel 0:0, Entscheidungsspiel in Rotterdam, auch Unentschieden. Über den Finaleinzug entschied noch kein Elfmeterschießen, sondern ein Münzwurf. Auch der endete Unentschieden, weil die Münze hochkant im Rotterdamer Rasen steckenblieb. Erst beim zweiten Wurf war klar: Liverpool ist weiter. Auswechslungen gab es damals auch noch nicht, und so spielte der verletzte Weber 75 Minuten mit einer Blessur, die sich später als Wadenbeinbruch herausstellte. Nicht allzu lange Zeit später wurde dann der Auswechselspieler eingeführt. „Auch wegen meiner Geschichte“, so Weber, der diese eigentlich nicht so gerne erzählt. Der hatte noch einiges zu erzählen, zum Beispiel, wie er in der letzten Minute des WM-Finales 1966 als Abwehrspieler das 2:2 erzielte, die Verlängerung erzwang und das weltberühmte „Wembley-Tor“, das keines war, aber zählte, aus allernächster Nähe erlebte.
Unschuld führte seine Berichte und Bilder bis in die jüngsten Tage fort, berichtete über die Europa-Cup-Spiele in diesem Jahr, als der FC nach 25 Jahren wieder international kicken durfte und 20.000 Fans mit nach London reisten. Mit Hans-Werner Reif präsentierte der Archivar einen weiteren Kölner Ehemaligen, der allerdings nur 14 Bundesligapartien für die Kölner bestritt, als damals 18-jähriger. Reif plauderte über die Hierarchien im Team, als man für die Etablierten auch schon mal den Platz unter der Dusche oder auf der Massagebank räumte. Ihn zog es damals schnell weg zum Zweitligisten Union Solingen, seine Autogramme in den Büchern Unschulds waren am Freitagabend aber ebenso gefragt, wie die von Wolfgang Weber.