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Ein stressfreies Quartett aus zwei Trios

Von Thomas Weber |

Bei „Jazz ohne Stress“ taten sich „Trey“ und „Tricycle“ zusammen

„Jazz ohne Stress“ heißt es zum Jahresauftakt auf der Grafschaft, und das nunmehr zum 14. Mal. Der Essener Saxophonist Jonas Röser, aufgewachsen in Lantershofen, nutzt die Bühne bei Kulturlant alljährlich, um musikalische Experimente und Projekte zu präsentieren. Das ist bei den Freunden des experimentellen Jazz längst zu einer lieb gewonnenen Tradition geworden. Der Name ist dabei Programm, Entspannung pur stand auf der Agenda des Abends. Für Röser geht es eigentlich zumeist darum, im Laufe des Konzerts weitere Musiker in sein Trio „Tricycle“ einzubinden, zu dem auch Schlagzeuger Dominic Brosowski und Bassist Caspar van Meel gehören. Die ungewöhnliche Besetzung lässt viele Spielarten zu. In diesem Jahr stand neben den dreien von Beginn an Bastian Ruppert auf der Bühne. Auch der Kölner Gitarrist bedient sich in seiner dreiköpfigen Formation „Trey“ der musikalischen Unterstützung von Brosowski und van Meel.

Erstmals wurden nun die beiden Trios zur einem Quartett vereint, „Tricycle“ mit Gitarre verstärkt oder aber „Trey“ mit Saxophon. Die „gewollte Fusion zweier Lager“, wie es Jonas Röser betitelte, war eine Premiere, bei der die vier sich in erster Linie Musik aus der Feder van Meels bedienten. „Er hat so viele tolle Stücke geschrieben, die wollten wir alle dabei haben“ begründete Jonas Röser die Auswahl der musikalischen Vorträge. Da waren sanfte Balladen, wie „For Erik“ oder die „Ballade pur toi“ zu hören, da wurde es auch aufbrausend und flott. Gitarre und Saxophon ergänzten sich hervorragend und sorgten auch bei den Bands für ein ganz neues, knapp einstündiges Musikerlebnis. Mit „Gesucht gefunden“ hatte Bastian Ruppert, der in der deutschen Musikszene ein viel gefragter Gitarrist ist und der auch schon mit Lena Meyer-Landrut spielte, ein eigenes Stück für die Fusion der beiden Trios verfasst.

Im zweiten Teil des Abends kam dann Sängerin Hannah Köpf dazu. Nun standen Stücke auf dem Programm, die zu großen Teilen aus ihrer Feder stammten. Da passte es hervorragend, dass Gitarrist Bastian Ruppert auch Mitglied der Band Köpfs ist. Beim Stück „Bridges“ gehörte die Bühne den beiden alleine. Meist jedoch trat nun eine fünfköpfige Formation vors Publikum. In ihren ehrlichen und direkten Liedern erzählte die Songwriterin zumeist in englischer Sprache über Menschen. Menschen, die alles haben, aber in den sozialen Medien zu großen Nörglern werden. Menschen, die Frühlingsgefühle entwickeln oder die einfach ihre Träume leben. Oder über Menschen, die verliebt sind. Verliebt ihr ihr Smartphone. Da war hin und wieder ein gutes Stück Ironie in den Texten versteckt, die aus den drei bislang von Hannah Köpf produzierten Alben entstanden. Nur einmal griff die Kölnerin nicht auf ihre eigenen Texte zurück, nämlich bei der jazzigen Interpretation von Paul Simons „Diamonds“ aus dem genialen Simon & Garfunkel-Album „Graceland.“ Da war sogar das Publikum gefragt, mitzusingen.

Röser nutze die Gelegenheit, dem Publikum zu erklären, wie ein solcher Abend zustande kommt: „Bei uns gibt es für Jazz ohne Stress keine Castings, wir versuchen einfach nur, passende Künstler zu finden und musikalisch zusammen zu bringen.“ Der Saxofonist macht sich derweil bereits Gedanken über die musikalische Mischung bei der 15. Auflage von Jazz ohne Stress, mit der der Verein Kulturlant dann das Jahr 2019 in Lantershofen musikalisch beginnen möchte. Der Grafschafter Kulturverein legt nun eine Karnevalspause ein, ehe das Programm am 24. Februar mit Barbara Ruschers musikalischem Kabarettprogramm „Ekstase ist nur eine Phase“ fortgesetzt wird.