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Beeindruckendes Konzert des Schwarzmeer Kosaken-Chors

Von Thomas Weber |

Russen und Ukrainer im friedlichen Miteinander

Sie bezeichnen sich selbst als gewaltig, mystisch und geheimnisvoll, ihr Anführer – Ataman genannt – spricht von den besten Musikern des Schwarzen Meeres und sie scheinen trotz der Superlativen nicht übertrieben zu haben: der 1938 gegründete Schwarzmeer-Kosaken-Chor gab am Freitagabend in der proppenvollen Lantershofener Lambertuskirche auf Einladung des Vereins Kulturlant ein außergewöhnliches Konzert. Mehr als 400 Gäste waren begeistert von der Stimmgewalt der neun Sänger, jeder für sich ein großer Solist, alle zusammen ein grandioser Chor. „Ein Chor, der singend betet und betend singt“, hatte Nikolai Orloff, der erste Ataman des Chores, einst gesagt.

Heute heißt der Kosakenführer Peter Orloff, seit 1993 steht er dem Chor vor, der 75-jährige singt bereits seit 60 Jahren in diesem Chor. Einem breiten Publikum in Deutschland wurde er allerdings als Schlagersänger bekannt, der Anfang der 1970er-Jahre in den Hitparaden zu finden war. Seine größten musikalischen Erfolge aber feierte Orloff mit den Schwarzmeer-Kosaken, aus jedem einzelnen Sänger hat er einen unnachahmlichen Solisten geformt. Im Konzert trat Orloff mehr als Moderator auf, gesanglich überließ er vor allen Dingen seinen Mitstreitern die Hauptrollen. Dennoch begeisterte auch der Ataman mit seinen Bariton-Soli in der Kloster-Ballade der „Legende von den zwölf Räubern“ oder im „Wolgalied“ vom Kosaken-Hauptmann Stenka Rasin, der seine Frau in der Hochzeitsnacht in die Wolga geworfen haben soll.

Der Chor brachte sakrale Werke im Original und in altslawischer Sprache und imposante russische und ukrainische Volksweisen und Balladen in den Originalversionen, wie sie seit Jahrhunderten gesungen werden, zu Gehör. Aber die Kosaken können auch „international“, ausgewählte Kostbarkeiten der Klassik standen ebenfalls auf dem Programm. Puccinis „Nessun dorma“ aus der Oper „Turandot“ mit einem überragenden Solo von Tenor Wladimir Kuzmenko zum Beispiel. Oder das „Ave Maria“ von Franz Schubert, einzigartig und berührend gesungen von Tenor Oleg Kulyeshov, der den Ton eine gefühlte Ewigkeit halten kann. Zum Star des Chors avancierte aber Igor Ishchak mit der betörend klaren und hohen Stimme.  Mehrfach musste der männliche Sopran der Kiewer Oper nach seinen Soli aus den Reihen seines Chors treten, um den begeisterten Dank entgegen zu nehmen.

Aber auch die anderen Sänger boten Bemerkenswertes: Ob Stefan Arininsky mit seinem dröhnenden Bass, der freundlich lachende Dirigent und Bariton Nasko Kirtscheff oder Bariton Vitali Schukow Alekseenko - es standen ausschließlich Klassesänger auf der Bühne. Begleitet wurde der Chor von drei Ausnahmemusikern: Am Bajan, dem osteuropäischen Knopfakkordeon, wirbelte Ilya Kurtev, sicher einer der weltbesten Virtuosen an diesem anspruchsvollen und hinreißenden Instrument, was er spätestens beim „Säbeltanz“ bewies. Neben ihm, an der Domra-Laute, Irina Kripakova. Unglaublich auch hier, mit welcher Schnelligkeit und Präzision sie dem Instrument mit den drei Saiten Liebliches, Temperamentvolles und Leidenschaftliches entlockte. Schließlich wirbelte Slava Kripakov die mächtige Bassbalalaika wie ein Spielzeug durch die Luft, auch er beherrschte sein Instrument glänzend. Der musikalische Rundreise, die das Publikum vom Schwarzen Meer an den Baikalsee und dann wieder nach St. Petersburg entführte, verging wie im Fluge und endete nach knapp zwei Stunden viel zu früh, aber natürlich nicht ohne „Kalinka“, eines der bekanntesten russischen Volkslieder. Zuvor durfte sich das Publikum über zwei gemeinsam mit den Kosaken gesungene Weihnachtslieder freuen.