Der Mai ist gekommen, die Bäume schlagen aus
"Der Mai ist gekommen, die Bäume schlagen aus." So weit, so gut der einführende Text des beliebten Maienliedes. Sinnig weiter geht es mit dem zweiten Vers des Frühlings- und Wandergedichtes von Emanuel Geibel in der Vertonung von Justus Wilhelm Lyra aus dem Jahr 1841: "Da bleibe, wer Lust hat, mit Sorgen zuhaus." Auch heute hat niemand Lust, bei schönem Maienwetter zu Hause mit seinen Sorgen zu bleiben. "Bleibt zu Hause" und "Haltet Abstand" sind jedoch behördlich gebotene Anweisungen. Sorgen gibt es heute ziemlich viele, wenn man sich die schwierigen Themen in Zeitungen und Fernsehen anschaut, die bis tief ins Dorf hineinwirken. Auch die Junggesellen-Schützen in Lantershofen bleiben mit ihren Bräuchen nicht verschont. Keine Generalversammlung, kein Maibaum an der Kirche, keine normale Mainacht. Das Maienlied, auch als Wanderlied "So steht auch mir der Sinn in die weite, weite Welt" gedichtet, kommt uns heute wohl eher gequält von den Lippen. Der thematische Liedesinhalt von Ferne, weiter Welt und Kommunikation "Herr Wirt, eine Kanne, eine Kanne blanken Wein!" ist der Menschheit derzeit abhanden gekommen. Auch der inbrünstige Ruf nach Freiheit und Weite "o wandern, du freie Burschenlust!", der im Klimax des Maienliedes "Wie bist du doch so schön, du weite, weite Welt!" mündet, kann im Mai 2020 nicht als ausrufende Bewunderung für die Welt, sondern jetzt nur als Wunsch nach der baldigen Wiedergewinnung einer normalen Welt gelten.