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Berliner Kabarett in Überlänge

Von Thomas Weber |

Kaiser & Plain war die Freude über den Auftritt in Lantershofen sichtbar anzumerken

Sechs Gastspiele hatte das Berliner Duo Kaiser & Plain in der vergangenen Woche im Rahmen einer Kurztournee geplant. Am Ende fand nur eines davon statt, nämlich am Samstag bei Kulturlant in Lantershofen. Im dortigen Winzerverein musste jeder zweite Stuhl leer bleiben, knapp 130 Gäste waren zugelassen, die freien Tickets wurden alle verkauft, „Corona-ausverkauft“ sozusagen. Die Menschen wollen wieder Kultur erleben und die Künstler wollen spielen. David Kaiser und Virginia Plain, beide Schauspieler, wollten am Ende gar nicht vor der Bühne und die Gäste im Saal waren froh darüber, sie feierten die beiden lautstark.

Was der schmächtige Kaiser zumeist am Flügel und die „gut gebaute“ Plain am Mikro dem Publikum boten, war ein Programm, dass man ansonsten im Berliner Kabarett erleben kann. Kein Wunder, ist ihre Hausbühne doch das BKA-Theater in Berlin-Kreuzberg. Auf der Bühne gab es viel Musik, die Bezeichnung „Chanson-Abend“ hätte ebenso gut gepasst, wie Kabarett. „Männer haben auch Gefühle“ war der Name des Programms, in dem das Duo seine lebenslang erfahrenen Gefühlswelten musikalisch darstellte. Natürlich begann das in der Jugend, „Auf’m Land“, wo es ohne Mofa nicht ging und wo die ersten Zärtlichkeiten ausgetauscht wurden. Zwischen den Stücken parlierten Kaiser & Plain dann eher über Belanglosigkeiten, die meist darin gipfelten, dass sie ihm mangelnde Kultur vorwarf und er mit wenig Fingerspitzengefühl seine Hassliebe zu ihr nach außen trug.

Musikalisch wussten die beiden da eher zu überzeugen, meist ging es chronologisch in den Liedern zu, und so folgte die Gefühle dem Duo vom Land in die Stadt, wo es auch schon mal sentimental wurde. Vor allem, als Virginia Plain von den Schmetterlingen sang, aber auch von den Konzerten auf Hinterhofbalkonen. Man ging unter die Künstler, auf der Bühne nicht unerfolgreich, bei Wettbewerben immer ganz hinten auf den Platzierungslisten. Mit „Applaus in Iserlohn“ drückten sie aus, wie egal ihnen das doch ist. Mit zunehmender Dauer des Abends wurden die Themen bunter, Kaiser wechselte vom Flügel auch mal zur Autoharp oder der Ukulele. „Freundinnen müsste man sein“, machten beide klar. Nur dann teilt man nämlich alles ohne Diskussionen – bis sich beide eines Tages in denselben Mann verlieben. Kaiser & Plain fanden immer mehr Gefallen daran, endlich wieder vor Publikum zu spielen, kramten das Beste aus ihren älteren Programmen hervor und steigerten sich von Song zu Song. Das Publikum rissen sie mit ihren Lieder Liedern über Sehnsucht oder soziale Netzwerke mit.

David Kaiser wurde mehr und mehr vom Elefant im Porzellanladen zur Prinzessin auf der Erbse und am Klavier, immer auf der Suche nach dem Mann für die Nacht, der in Lantershofen aber nicht zu finden war. Virginia Plain ließ im Gegenzug mehr und mehr erkennen dass sie doch in Wahrheit der Seemann unter den Ladies ist. Sportlicher Höhepunkt des Abends war sicherlich ihr Sprung auf den Flügel. Das war am Ende Kabarett, wie man es in Berlin eigentlich schon seit mehr als 100 Jahren erleben kann.