"Kleiner Muck" ist nach Lantershofen gezogen
Stationäre Jugendarbeit findet auf Burg Lantershofen statt
Sie sind hellauf begeistert von ihrer neuen Bleibe und der Umgebung, die neun Jungs, die seit kurzem in einem der nicht mehr für Priesteramtskandidaten benötigten Wohngruppenhäuser auf dem Gelände des Studienhauses Burg Lantershofen leben. In diesem Haus haben die Jungs im Alter von 12 bis 21 Jahre alle ihr eigenes Zimmer mit Bad. Zum gemeinsamen Essen, Hausaufgaben machen oder fürs weitere Tagesprogramm trifft man sich in den Gruppenräumen. Hinterm Haus lädt eine Parkanlage zum Spielen ein.
Bisher lebte die Gruppe in Staffel. „Da war es auch schön, aber es war doch alles etwas altbacken und drei Bewohner mussten sich ein Bad teilen. Ich bin sehr froh, dass wir jetzt in Lantershofen sind, das ist doch in vielem mit unseren anderen Häusern vergleichbar“, berichtet Ute Herhold. Sie leitet seit vielen Jahren den Bereich „Stationäre Hilfen zur Erziehung“ im Jugendhilfeverein „Kleiner Muck.“ Der war im Jahr 1985 in Bonn gegründet worden, bot erst Ferienfreizeiten an und erweiterte sein Angebot dann sehr schnell, auch auf die stationäre Aufnahme von Kindern aus schwierigen Familiensituationen. Im Zusammenspiel mit den Eltern wird der Kontakt von den Jugendämtern hergestellt. Manche der Kinder bleiben ein oder zwei Jahre und gehen dann zurück in ihre Familien, andere bleiben auch wesentlich länger. Inzwischen gibt es sieben solcher Gruppen, deren Herbergen überwiegend neben dem Ortsnamen den Namen des Schriftstellers Leo Lionni tragen. „Unser Vermieter in Blasweiler kannte Leo Lionni, der immer nach dem Besonderen schaute, persönlich. Er hat dann bei Leo Lionni die Erlaubnis eingeholt die Häuser nach ihm zu benennen“, erklärt Ute Herhold die Hintergründe.
Der Alltag im Leo Lionni Haus in Lantershofen, dass von Christoph Meyer geleitet wird, ist strukturiert und durchgetaktet. Nach dem Wecken, Morgentoilette und dem gemeinsamen Frühstück geht es zur Schule, sofern diese nicht wegen der aktuellen Pandemie ausfällt. Nach dem gemeinsamen Mittagessen steht eine Rückzugszeit aufs Zimmer an, gemeinsame Arbeit an den Hausaufgaben und die „Team Time“ folgen. Erst danach steht das Freizeitprogramm an, bei dem die Jugendlichen nicht sich selbst überlassen werden. „Es gibt einen festen Plan, wir leben nicht in den Tag hinein“, berichtet Ute Herhold. Demnach gibt es eine Fülle von Projekten. Gerade erst hat man sich im Park bei den Gruppenhäusern einen Garten angelegt und Gemüse angepflanzt. „Unsere Schwerpunkte sind aber Sport und Musik, unter anderem erhalten alle Kinder Klavierunterricht“, so die Bereichsleiterin, die sich freut, dass den Kindern auch die Sporthalle auf Burg Lantershofen zur Verfügung steht, auch wenn diese in der aktuellen Pandemie an die Gemeinde Grafschaft für deren Ausschusssitzungen vermietet ist.
Durchgängig werden die Kinder von Betreuern aktiv begleitet, im Leo Lionni Haus kommen auf 1,7 Kinder ein Betreuer. „Beim Programm machen wir aktiv mit, um Sozialdefizite abzubauen und einzuüben, wie man miteinander umgeht und sich in der Gesellschaft bewegt“, legt man beim Verein „Kleiner Muck“ sehr viel Wert auf das gemeinsame Miteinander. Und auch als Gruppe bleibt man nicht unter sich, abhängig von der aktuellen Pandemie-Entwicklung will der Verein Kontakt zu den Lantershofener Vereinen aufnehmen und sich am Vereinsleben beteiligen. Es sei wichtig, dass die Kinder in der Dorfgemeinschaft leben, in die örtlichen Schulen gehen, Freunde kennenlernen und sich gegenseitig besuchen. „Solange die Kinder bei uns leben, ist ihr sozialer Mittelpunkt auch hier im Dorf“, sagt Ute Herhold. Jedes zweite Wochenende und für einen Teil der Ferien geht es für die Bewohner aber auch zurück ins Elternhaus, um den Kontakt dorthin aufrechtzuerhalten und irgendwann dorthin zurückzukehren. Sind die Kinder in den Ferien nicht bei den Eltern, gibt es erlebnispädagogische Angebote, wie Skifreizeiten, Strandurlaub oder Pilgertouren. „Da versuchen wir uns breit aufzustellen, um Impulse zu setzen mit dem Ziel, etwas im Leben vorweisen zu können.“
Die Kinder, die aktuell in Lantershofen leben, stammen aus einem größeren Umkreis bis zu 100 Kilometern Entfernung. Ute Herhold fände es schön, wenn der sozialräumliche Aspekt stärkere Beachtung bei den Jugendämtern fände. „Es wäre schön, mehr Kinder aus dem Ahrkreis hier zu haben, damit diese auch bei häuslichen Problemen ihre gewohnte Schule weiter besuchen können.“ Aktuell steht auf Burg Lantershofen der Aufbau einer zweiten Wohngruppe an. In Haus „Leo-Fortis Lantershofen“ leben aktuelle zwei junge Mädchen. Die Gruppe ist für sechs Bewohner im Alter bis zu zwölf Jahren konzipiert und möchte „Stark machen“ fürs Leben, wie der Name „Fortis“ sagt. Hier liegt der Betreuungsschlüssel bei 1,3 Kindern pro Betreuer, die Betreuung leitet Jannika Reitz. Was für alle elf Kinder in Lantershofen gilt, machte Ute Herhold klar: „Es ist schon etwas besonders hier.“