Vor 20 Jahren...
Junge Lantershofener unterstützen Armenküche - Bernd Briel berichtet über Projekt in der zerstörten Stadt Mostar
28.12.2001. MOSTAR / Lantershofen. Hilfe zur Selbsthilfe ist das Ziel. Kinder spendeten ihren Erlös vom Basar mit Gebasteltem. Sie hatten Blumentöpfe mit Serviettentechnik gestaltet, sie mit Moos bepflanzt und Kerzen hinein gestellt. Plätzchen hatten sie gebacken, kleine Futterhäuschen für Meisen angefertigt, Weihnachtsmänner aus Tontöpfen sowie Armbänder gemacht. Ihre Arbeiten verkauften die zwölf Mitglieder einer Lantershofener Kindergruppe, alle entweder zehn oder elf Jahre alt, beim Konzert des Männer- und Frauenchors und des Ringener Schulchors in der Lambertuskirche. Den Erlös von genau 494,52 Mark übergaben sie jetzt an Bernd Briel aus Lantershofen, der in Mostar ein Suppenküchen-Projekt leitet.
Bernd Briel ist Soldat und war im Rahmen des internationalen Truppeneinsatzes in Bosnien-Herzegowina stationiert, zuletzt in Mostar, am Hauptquartier der Multinationalen Division Süd-Ost. Den Grad der Zerstörung der Stadt vergleicht er mit Dresden und Stalingrad im Zweiten Weltkrieg. „Nichts funktionierte mehr, und alles, wirklich alles lag am Boden zerstört“, berichtet er. Schießereien zwischen Angehörigen der verschiedenen Bevölkerungsgruppen gehörten zur Tagesordnung. Die Versorgung der Menschen war „katastrophal beziehungsweise überhaupt nicht existent“. Die Menschen hausten in „Rattenlöchern und zu drei Familien in einer Garage“. Enttäuscht war Briel von der Arbeit der internationalen Hilfsorganisationen, die seiner Meinung nach „nur am eigenen Profit interessiert“ waren. Drei Viertel der Hilfsgüter seien später „auf dem Schwarzmarkt aufgetaucht“.
Über das Gitarrenspiel bei Gottesdiensten knüpfte Briel Beziehungen zu dem deutschen Militärpfarrer Siegfried Mai. Der Priester nahm ihn mit in ein „menschenunwürdiges und erbärmliches“ Altenheim. Briel: „Unsere BSE-Kühe in Bayern sind besser untergebracht.“ Die Menschen dort erhielten hin und wieder Nahrung aus einer benachbarten Armenküche in einem „dunklen Kellerloch“. Auf offenem Feuer wurde dünne Kohlsuppe zubereitet. „Mein Entschluss war schnell gefasst, genau hier war eine Direkthilfe am effektivsten“, erinnert sich der Soldat. Er schrieb an Vereine in der Heimat, die sich für die Lage der Menschen im einstigen Jugoslawien interessierten, und brachte Spenden zusammen. Das war Anfang 1997. Von dem Geld wurden bei einheimischen Bauern Kartoffeln, Kohl und Zwiebeln gekauft und an die Armenküche zur Verarbeitung gegeben. Mittlerweile werden 1 000 Bedürftige betreut, wöchentlich sind für 2 000 Mark Lebensmittel erforderlich. Das Geld wird in manchen Monaten allein von deutschen Soldaten bei der SFOR gespendet, berichtet der Lantershofener. Später konnten Milch und Joghurt bei einem Caritas-Projekt im Westen Mostars eingekauft werden. Angesichts der Animositäten zwischen Christen und Moslems war es ein Wagnis. Aber es gelang, und dank der Abnehmer war auch das Caritas-Projekt gesichert. Als 1999 die Spenden nicht mehr so reich flössen, konnte die Armenküche durch Unterstützung eines pensionierten Majors aus Koblenz, Manfred Schneider, in letzter Sekunde gerettet werden. Es wurde ein neues Domizil gefunden und die Einrichtung zusammen mit dem THW und dem Wiederaufbauprojekt der EU auf westeuropäischen Stand gebracht. Mittlerweile ist ein Mensaspeiseraum für die Studenten angegliedert, deren Obolus etwas in die Kasse bringt, außerdem ist die Bundeswehrkrankenhausküche mit in der Armenküche installiert. „Auch wenn Bosnien-Herzegowina nicht mehr im Mittelpunkt des Medieninteresses liegt: Die Not der Menschen ist ungebrochen groß“, resümiert Briel. Darum müsse die Armenküche unterstützt werden, bis sie auf eigenen Füßen stehe, „denn nur die Hilfe zur Selbsthilfe hat letztendlich Erfolg“ sagt Briel.