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Vom Albtraum zum Traumhaus

Von Thomas Weber |

Marianne und Karl-Josef Scholl erweckten ein 200 Jahre altes Haus zu neuem Leben

„Das Werkstatt-Kapitel haben wir nun beendet, hier wird zugemacht und das Ganze zu einer Wohnung umgebaut.“ Marianne Scholl hat genau vor Augen, was sich alsbald dort tun wird, wo sie jahrelang mit Kindern und Erwachsenen bastelte und ihnen in ihrer Creativ-Werkstatt freien Raum zur Entfaltung gab. Die Werkstatt und damit ein Lebensabschnitt haben geschlossen, sie füllten einen Part des Hauses von Marianne und Karl-Josef Scholl aus. Ihr Haus steht in Lantershofen, freistehend in der Schmittstraße. Der Backsteinbau ist rund 200 Jahre alt, ganz genau weiß man es nicht. Ein Nachfahre des Erbauers, eines Johann Josef Hecker, hatte im Jahr 2019 recherchiert und in Erfahrung gebracht, dass das Kataster in Lantershofen mit dem Jahr 1824 begann. Damals stand das Haus bereits. Sein Erbauer war nach seiner Heirat im Jahr 1805 oder 1806 nach Lantershofen gezogen. Das Haus entstand zwischen diesem Termin und dem Jahr 1824. Es wechselte in der Folge häufig den Besitzer, wurde zunächst immer wieder weitervererbt, zuletzt 1920 an Gertrud Hecker. Nach ihrem Tod wurde das Haus erstmalig verkauft. Im Jahr 1991 wechselte es erneut den Besitzer, gehört nun den Scholls.

Vor allem Marianne Scholl, die einst als Gehilfin bei einem Kirchenrestaurator arbeitete, hatte klare Vorstellungen, wie die Räume und der Stall künftig genutzt werden sollen: „Während unsere vielen Helfer vor allem Schutt und die viele Arbeit gesehen habe, hatte ich immer schon das Ergebnis vor Augen“, sagt sie und freut sich noch heute darüber, dass sie ihre Ideen umsetzen konnte, und das bis heute. In diesem Jahr jährt es sich zum 30. Mal, dass die Scholls Haus und Grundstück erwarben. Seither wird immer wieder an allen Ecken und Enden „gewerkelt“, immer entsteht irgendwo etwas Neues, es wirkt auf den Betrachter, wie in einem großen Heimatmuseum. „Als wir 1991 mit drei kleinen Kindern unsere 'Villa kipp öm' gekauft haben, erklärten uns viele Lantershofener für verrückt“, erinnern sich die Scholls noch heute, wenn sie mal wieder das Fotoalbum des Umbaus durchblättern. Denn dass Haus stand nur noch wertmindernd auf dem Grundstück. Der einstige Bauernhof mit Plumpsklo, eigenem Brunnen und gestampftem Lehmboden im Keller war in desolatem und baufälligem Zustand. Da half nur eins: „Ärmel huh un jöh.“ Wie der Rheinländer so sagt.

Die alten Stallungen wurden abgerissen, die Feldbrandsteine sieht man heute als Verklinkerung des Neubaus, der einen Wohn- und Esszimmerbereich mit fünf Meter Deckenhöhe beinhaltet. Majestätisch steht dort alljährlich im Dezember und Januar ein Weihnachtsbaum, der bis unter die Decke reicht. Das Haus wurde komplett entkernt. „Aber es wurde nichts weggeworfen“, so die Besitzer, denn: „Kann man nochmal brauchen.“ Bis 1995 dauerte die Umbauphase, begleitet von vielen Lantershofenern, die die Aussage, die Käufer seien verrückt, nur allzu gerne wiederholten. „Sehr aufmunternd“, so die Scholls. Oft genug durchkämmten Marianne und Karl-Josef Scholl alte Bauernhäuser von Verwandten oder Bekannten, auch solche, die vor Abriss oder Umbau standen. Immer wieder fielen Marianne Scholl Dinge, wie alte Türen oder Schränke auf, die man in Lantershofen verbauen konnte und die man so vor dem Schuttplatz bewahren konnte. Aber aus dem Albtraum mit faulen Balken und schiefen Winkeln wurde allmählich ein Traumhaus.

Wer dachte, mit dem Umbau sei nun Schluss mit Werkeln, irrte gewaltig. Nach 1995 kamen immer wieder Umbauten dazu, das Haus veränderte sich stetig. So wurde der Speicher zu Kinder- oder Jugendzimmern, mittlerweile war das vierte Kind da. Die Mauer hin zur Straße „Am Ahrweiler Berg“ wurde errichtet, dort ranken mittlerweile in jedem Sommer unzählige Rosen. Ganz aktuell wurde das Haus mit seiner Blumenpracht sogar Motiv für eine Postkarte aus einer neuen Lantershofener Serie. Jahr für Jahr hatte vor allem Marianne Scholl neue Projektideen. Einmal wurde der Innenhof gestaltet, in einem anderen Jahr wurde ein Bauerngarten angelegt. „Bei allem war es uns besonders wichtig, dass es später so aussehen sollte, als sei es seit mehr als 100 Jahren immer so gewesen“, so die Intention der Scholls.

In einem Teil des Hauses der Scholls war fast 20 Jahre lang die „Creativ-Werkstatt“ zuhause. Bernadette Heeb-Klöckner hatte im Jahr 2001 die Idee, eine solche Werkstatt ins Leben zu rufen. „Unsere Scheune wurde ausgebaut und im Jahr 2002 fingen unsere Kurse für Jung und Alt an“, erinnert sich Marianne Scholl. Ziel der beiden war es seither, die Kreativität aus jedem einzelnen heraus zu kitzeln. Seit 2008 betreibt Bernadette Heeb-Klöckner in Nierendorf eine eigene Werkstatt. Die Werkstatt in Lantershofen lief weiter, hier wurde viel gebastelt und manches restauriert, zuletzt die Lambertusfigur aus dem Winzerverein. Mit Ende des Jahres 2020 wurde die Werkstatt geschlossen.

Heute sind die vier Kinder aus dem Haus. Aber die erste trägt sich bereits mit dem Gedanken, einen Teil des Hauses für sich zu nutzen. Das heißt, es wird bald wieder umgebaut werden, im südöstlichen Part entsteht eine Art Einliegerwohnung mit eigenem Zugang. Marianne Scholl hat bereits vor Augen, wie es demnächst aussehen könnte. Auch nach 30 Jahren ist also die Zeit des Umbaus noch nicht beendet.