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Der goldene Henkel am Mond

Von Heinz Klaes |

Himmliches Highlight über Lantershofen

Fast hätte der Hobbyfotograf es verpennt, aber ein zufälliger Blick aus dem Fenster und ein kurzer Blick in seinen Kalender schreckte ihn auf. Eiligst raffte er seine Ausrüstung nebst Stativ zusammen und begab sich nach draußen in die heutzutage leider nicht mehr ganz so dunkle Nacht. Für die Zeit zwischen 20:40 und 21:00 Uhr war der „Henkelmond“ vorausberechnet. Dies ist ein monatlich wiederkehrendes, nur wenige Stunden sichtbares Ereignis, bei dem der zunehmende Mond etwa zehn Tage nach Neumond einen „Goldenen Henkel“ aufweist ähnlich dem Henkel einer Kaffeetasse. An der Hell-Dunkelgrenze, dem sogenannten Terminator, streift während dieser Zeit das Sonnenlicht die Bergspitzen des Juragebirgsbogens auf dem Mond, während das Gebirgsmassiv selbst noch im Dunkeln liegt. Der flache Winkel des Lichteinfalls lässt die Erhebungen und Krater auf dem Erdtrabanten dann besonders plastisch erscheinen.

Wünsche werden Wirklichkeit. Während der Aufnahmeserie erinnerte sich der Fotograf an ein aktuelles Geschehen aus der Weltraumfahrt. Gegen Mitternacht vom 15. auf den 16. September war auf dem Kennedy Space Center in Florida eine Falcon9-Rakete der Firma SpaceX mit vier Privatpersonen an Bord des Raumschiffs „Crew-Dragon“ gestartet. Bei diesem Charterflug namens „Inspiration4“ umkreisen die ersten Weltraumtouristen drei Tage lang die Erde in einer Höhe von ca. 570 Km. Die Überflüge über Deutschland können noch (theoretisch) am 17. September zwischen 21:23 Uhr und 21:28 Uhr sowie am 18. September zwischen 20:29 aus SSW bis 20:35 Uhr beobachtet werden, falls keine Bewölkung die Sicht versperrt. „Wie schön wäre es doch, wenn die Raumkapsel das Bild jetzt durchqueren würde...“ dachte der Fotograf und, kaum war der Gedanke zu Ende gesponnen, kam auch schon Bewegung ins Bild! Von Westen näherte sich ein helles Objekt und während er noch zweifelte, ob es sich nicht um ein Flugzeug handeln könnte, drückte er auch schon den Auslöser. Glück war jetzt nötig, denn er hatte wegen der Verwacklungsgefahr den Selbstauslöser mit zehn Sekunden Vorlaufzeit eingestellt. Würde es reichen?

Das zeigte sich dann bei der anschließenden Durchsicht der Fotos: es war geglückt. Allerdings kam bei der Kontrolle der Flugzeiten und der Flugbahn die Erkenntnis, dass es sich hierbei nicht um „Inspiration4“ handeln konnte, sondern dass er die Internationale Raumstation ISS erwischt hatte, die soeben unterhalb des Mondes den Bildausschnitt durchquerte.