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Ein Stück deutscher Musikgeschichte

Von Thomas Weber |

„Endlich wieder ohne Maskenzwang und Abstandspflicht, auch wenn viele noch ein bisschen Paranoia haben, sich in die Nähe anderer Menschen zu begeben“, war das erste, was Star-Bassist Helmut Hattler dem Publikum im Lantershofener Winzerverein zu sagen hatte. Hattler war dort am Samstag mit seinem wohl wichtigsten Bandprojekt „Kraan“ zu Gast, deren Gründungsjahr mit 1971 angegeben wird. Mehr als 50 Jahren ziehen die Jazz-Rocker, die ihre Titel gerne mit orientalischen und asiatischen Klängen untermalen, also schon über die Bühnen. Und das immer gleicher Grundbesetzung. Sie sind als Begründer des Jazz-Rock längst zu einem Stück deutscher Musikgeschichte geworden und begeisterten auch im fortgeschrittenen Alter noch ihr Publikum. Hattler feiert in diesen Tagen seinen 70. Geburtstag. Vor der Bühne in Lantershofen tummelten sich derweil viele Mitglieder der heimischen Musikszene, aber auch Kraan-Fans, die teilweise weite Anfahrtswege in Kauf genommen hatten.

Sie alle waren von der rund zweistündigen Präsentation begeistert, für die sich das Trio mit Hattler am Bass, Peter Wolbrandt an der Gitarre und Jan Fride Wolbrandt am Schlagzeug Keyboard-Unterstützung geholt hatte. Auf die Ohren gab es in erster Linie Musik aus dem fünften Live-Album von Kraan „The Trio Years.“ Stücke, wie „Andy Nogger“, „Nachtfahrt“ oder „Pick Peat“ führten die Fans immer wieder quer durch fünf Jahrzehnte Kraan-Klassiker, die für „The Trio Years“ neu für den Liveauftritt definiert wurden. Peter Wolbrandt und Helmut Hattler ließen in erster Linie ihre Gitarren sprechen und singen, tatsächlicher Gesang blieb Nebensache, war auch nicht wirklich das, was die knapp 150 Fans im Winzerverein hören wollten. Der Kraan-Sound stand eindeutig im Vordergrund, da kamen alte Emotionen hoch, die sich mit jedem Titel verstärkten, ehe Kraan nach gut eineinhalb Stunden mit „Borgward“ das letzte und eines seiner bekanntesten Stücke ankündigte, das wie die meisten Songs die Dauer von zehn Minuten mühelos überschritt. Als Zugabe wurde es dann noch ein wenig länger, Kraan wanderten zurück ins Jahr 1974, um mit dem 15-minütigen Klassiker „Nam Nam“ einen tollen Abend zu beenden.